Es gibt Menschen, die wachen morgens auf und schauen als erstes auf ihr Smartphone um festzustellen, wie sie geschlafen haben. Apps verraten ihnen, wie lange die Nettoschlafzeit war, wie oft sie aufgewacht sind, wie viele Tiefschlafphasen sie hatten und wie laut sie geschnarcht haben. Diese Menschen gehören der Quantified-Self-Bewegung an. Sogenannte Self-Tracker, die Daten über sich und ihren Körper sammeln. Mit dem Ziel, ihren Alltag besser zu strukturieren und gesünder zu leben. Diese Selbstvermesser haben ihre digitalen Assistenten stets dabei: Armbänder, die die Bewegungen aufzeichnen, eine Uhr, auf deren Unterseite zahlreiche Sensoren permanent die Körperfunktionen messen, Blutdruck, Puls, Stresslevel.
Der Spiegel berichtete vor einiger Zeit von einem Studenten, der seit mehr als einem Jahr seine Daten aufzeichnen würde. Daraus könne er ablesen, ob er an einem bestimmten Tag entspannt war oder gestresst.
Schade, wenn einem erst der Blick aufs Smartphone sagt, wie erholsam die Nacht war und eine Analyse der Datensammlung am Ende des Tages darüber Auskunft gibt, ob es ein guter Tag war oder nicht. Was, wenn man sich eigentlich ganz wohl fühlt, einem aber Fitnessarmband und Smartphone-App suggerieren, man habe einen schlechten Tag gehabt? Wem soll ich dann glauben?
Und womöglich ist man dann auch noch Mitglied einer QS-Community… Der Tag fühlte sich erfüllt an und wurde von ein wenig Sport abgerundet – exakt 9,7 Kilometer gelaufen bei einem Durchschnittspuls von 127… Alles scheint gut, bis zu dem Moment, wo ich auf der App sehe, dass mein Sparringspartner heute 15,4 Kilometer lief und dabei einen Durchschnittspuls von nur 124 hatte… Schwupps ist die Laune schon wieder schlechter.
Es wäre an der Zeit, neben all der Selbstvermessung auch über „Qualified-Self“ nachzudenken. Die Qualität des eigenen Lebens ist keine Frage von ausschließlich Zahlen, Daten und Fakten. Apps sollten nicht an die Stelle eines eigenen Geistes- und Körperbewusstseins treten. Also lieber mal das Smartphone ausschalten und in sich hineinfühlen. Nach einiger Zeit wird man auch so merken, dass es ein guter Tag ist. Es heißt ja auch Lebensqualität und nicht -quantität – zumindest noch 😉